Texte


Orloeg


1. Erlkönig
2. Mutter Erde
3. Wunden
4. Zeitenwende
5. Fimbulwinter
6. Der Weg ist das Ziel
7. Der alte Mann
8. Der See
9. Ragnarök

Erlkönig


Wer reitet so spät durch Nacht und Wind
Es ist der Vater mit seinem Kind
Er hat den Knaben wohl in den Arm
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater Du den Erlkönig nicht?
Der Erlenkönig mit Kron’ und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif

Mein liebes Kind, komm spiel’ mit mir!
Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir
Manch bunte Blumen sind an dem Strand
Meine Mutter hat manch gülden Gewand

Mein Vater, mein Vater und hörest Du nicht
Was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleib’ ruhig mein Kind
In dürren Blättern säuselt der Wind

Willst feiner Knabe du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter an düsterem Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau
Es scheinen die alten Weiden so grau

Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an
Erlkönig hat mir ein Leid getan!

Dem Vater grauset, er reitet geschwind
Er hält in den Armen das ächzende Kind
Erreicht den Hof mit Mühe und Not
In seine Armen das Kind war tot



Mutter Erde

Tose Flut - wehe Sturm
erstarre Eis - lauf Feuersglut!

Laß die Zeit in deinen Händen
die Schwester trägt den Schicksalsring
das Leben sinkt in tiefen Schlaf
der Riese hat im Kampf gesiegt

Der letzten Tage letzter Gang
wasch dich rein mit deinem Blut
verschließ die Wunden - öffne den Schlund
verschlinge deine eigne Brut

Tausend Jahre durch den Schmerz
ein schweres Band umschlingt dein Herz
zerspreng’ die Ketten an denen sie zieh’n
Elemente führen den gerechten Krieg

Des Räubers Schwert hat Werk getan
doch scharfe Gier wird endlich stumpf
rissen die Säulen deiner Majestät
das Schwert ziehe aus deinem Rumpf

Deine Stürme deuten uns die Zeit
Deine Fluten, Feuer und Eis

Mutter Erde
ich verneig’ mich vor der Königin
seh’ ich den Morgen flammend glüh’n
Mutter Erde
ich verneig’ mich vor der Königin
versinkt in tiefer Nacht des Tages Schein



Wunden

Niedriges Gewölk verbirgt den letzten Sonnenstrahl
graue Nacht verschlingt des Tages Schein
einst starb der letzte Tag
die Zeit schließt jenen Kreis
mir bitterer Wahrheit zeigt sie uns
das Dasein dieser Endlichkeit

So rege ich meinen Geist nach Antwort suchend
ein Irrweg ohne Ausgang - nur die Zeit führt uns
und bleibt uns nur Erinnerung
ist sie nicht nur Vergangenheit
wie lang ist des Schicksals Arm
welche Macht lässt uns davon befrei’n?

Ein Meer von Fragen
Antwort bleibt versagt
war es nur die Zeit
die dir das Leben stahl?

Und heilt die Zeit auch Wunden
diese Narben sind ein Teil von dir
war deine Zeit auch viel zu kurz
um diese Welt zu versteh’n
so trage ich mit Stolz die Erinnerung
bis auch mein Kreis sich schliesst



Zeitenwende

Ein Sturm brach vor langer Zeit den mächtigen Stamm
gleich grauem Rauch umschlang er das Land
seine Schleier verhüllten die alten Wege
und sein Lied schnitt wie ein Schwert das Leben

Ein Zeichen brachte Verderben und Blut
und erlosch auch das Feuer - es blieb die Glut
behütet entfacht und neuer Kraft verlieh’n
werden die Flammen im Norden wieder erblüh’n

Wogen brechen das Schloss des scheinheiligen Banns
waschen die Festen des Wesens frei
und obwohl dieser Stamm einst auch gebrochen
lebt er wieder auf mit neuer Kraft in jedem Zweig

Ein Wind ward entfesselt vom blühenden Stamm
gleich einem Orkan befreit er das Land
seine Schleier enthüllen die alten Wege
und sein Lied begleitet die Zeit ins Leben



Fimbulwinter

Schlachtenlärm übertönt den lauten Donnerhall
Walkürenrosse brechen den finstren Wolkenwall
Bäche aus Blut graben sich in das weiße Land
in Midgards Weiten tobt der Weltenkampf

Aus dunklem Himmel dringt nur wenig Licht
doch bestrahlt es nur die Grausamkeit
der Glanz erlischt und der Sterne Schein
überall wird’s dunkel wie in Hels Reich sein

Die Wölfe reißen das Fleisch der Gefallenen
trinken das Blut - erfahren unbändige Kraft
und so soll es ihnen bald gelingen
die Himmelslichter zu verschlingen

Dichter Schnee fällt aus schwarzen Wolken
Gewässer erstarren zu ewigem Eis
Stürme rasen über Land und Meer
dieser Macht folgt kein Frühling mehr

Und so fliegt auch der Adler auf
erschüttert die Erde beim Flügelschlag
Die Bäume brechen - Felsen bersten zu Staub
durch kahle Wälder dringt schauerlich Laut

Refr.: Wind und Sturm, Schnee und Eis
           umarmen das Erdenreich
           grimmigkalter Winter
           kein Laut, kein Licht nur Dunkelheit



Der Weg ist das Ziel

So ist die Zeit nun gekommen
Da sich dieser Kreis schliesst
Und schreibe ich nun die Runen
Nach Walhalla will ich zieh´n

Nein, so will ich nicht
Sterben in Siechtum ohne Ruhm
Dem Schwerte Macht der Tod bald folgt
Öffne das Tor zu Allvaters Saal

So schnitt er mutig
Runen für Odin
Runen des Todes
Auf Brust und Arm
Sah dann Blut und Leben
Verströmen so warm

Lass die Winde weh´n
Dieser Weg ist das Ziel

Nordwind lässt die Wellen tosen
Die mich einst so weit getragen
Fahr mein Schiff - fahr in diesen Hafen
In das Land jenseits vom Regenbogen

Und kommt die Früh im blut´gen Kleide
Zur letzten Fahrt bin ich bereit
Mit zartem Kuss vor den Toren
Odin´s Walküren mich begrüssen

Willkommen weiser Walhalla Erbe
Lang noch im Norden lebt dein Ruhm
Bragi begrüsst dich und bringt dir das Horn
Friedbote der Nornen - nahend vom Nord



Der alte Mann

Der Winter senkt sein müdes Haupt
legt es in den Schoss des Frühlingslichts
im Nebel steigen zwei Raben auf
mit ihnen geht auch des Alten Blick

So viele Winter hat er schon gezählt
die Jahre voll Leben machten ihn zäh
Er ging durch Sturm und klirrende Kälte
hat manch treuen Freund gehen sehn

So laufen zusammen
all die Wege des Lebens
Nachdem ich den Spähren um mich herum gelauscht
Der Tag gibt der Nacht seine Kraft
geht über die Schwelle zur nächsten Tür
Nun warte ich bis die Flut mich lenkt

Er lehrte den Sohn die Runen zu schreiben
die Klinge zu schmieden in Feuer und Eis
Er lehrte ihn die Natur zu erkennen
wie es sein Vater tat vor langer Zeit

Und nun blickt er zum Horizont
Wellen tragen die Gedanken weit fort
bald wird auch er mit ihnen zieh’n
seine Zukunft zieht mit der Flut

Refr.: Er hat den Rand des Himmels gesehen
          feurige Krater und Berge aus Eis
          er hat den Rand der Welt gesehen
          Orte, die niemals ein Licht berührt



Der See

Suchender Blick in den See
will ganz weit bis zum Grunde seh’n
kann ich mehr erkennen und versteh’n
als daß am Morgen die Sonne aufgeht

Ist es nur ein Spiegel oder mehr
ich schliess’ mich ein in diese Flut
wie tief muss ich um im Dunkeln zu seh’n
und noch mehr als dass die Zeit vergeht

So tauch ich tiefer in die Dunkelheit
doch ist der Grund noch viel zu weit
einst wenn ich angekommen bin
wird dieses Ufer dann die Antwort sein



Ragnarök

Schlimme Kunde bringen zwei Raben nach Asgard
der alte Brunnen der Weisheit brodelt und schäumt
auf Nordlands Bergen kräht schon der Hahn
es rüstet der Tag zu seiner letzten Fahrt

So brechen die Finstren alsbald ihre Fesseln
strecken die Glieder zum letzten Kampf
gen Wigrid lenkt Hrym Nagelfar
auf feurigem Rosse reitet Muspelheims Schar

Im Wirbel fliegt Schnee vom Himmel herab
legt prangende Schönheit in eisiges Grab
und Kälte fällt ein
zersprengte der Mauern zeittrotzend Gestein

Nun stieß auch der Wächter von Asgard voll Zorn
die Götter rufend ins Horn
bald waren bereit
die Hohen und stattlich gerüstet zum Streit

So stehen die Asen zum letzten Kampfe auf
Mjöllnirs’ Hieb zerschmettert Jörmundgands Haupt
doch vom heißen Gift der Natter getroffen
fällt auch der mächtige Donnergott

Fenriz tränkt mit Feindesblut die Erde
doch nur nach dem Blut Odins lechzt das Tier
und obwohl von Gungnir getroffen
verschlingt er Allvater in grimmiger Gier

Und wütend gerächt wurde Odins Tod
Widar tötet den Fenrizwolf
doch Surtur schleudert gen Asgard die Flammen
diesem Werke soll alles zum Opfer fallen

Und andre Gewalten die Schlaf noch bedeckt
sie wurden vom Notschrei der Zeit nun erweckt
sie waren bereit
die Greuel zu häufen im gräßlichen Streit

Da wuchsen und wuchsen Gebilde empor
der Rachesaat Erben, ein gräßlicher Chor
allüberall tönt
nur Heulen und Schreien, das Hoheit verhöhnt

So neigt sich nun vom Sturme gebeugt
Yggdrasil in Midgards Flammenglut
da sinkt auch die Erde in das siedende Meer
und gieriges Feuer verzehrt die ganze Welt